Analogiefiguren in den Werken Hofmannsthals, Rilkes und Musils
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfasst die deutschsprachigen Literaten ein Zweifel an der Zugänglichkeit ihres Mediums «Sprache» zur Wirklichkeit. Diese Krise erweist sich aber durchaus als produktiv und motiviert zur Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten im eigenen Medium. Eine Vorbildrolle übernimmt hierbei die Avantgarde der bildenden Kunst, die ihrerseits neue Verfahrensweisen entwickelt und performativ das eigene Material und die eigenen Produktionsbedingungen ausstellt. Die bildende Kunst ist somit nicht nur semiotisches Ideal, das Wirklichkeit unmittelbar aufzeigen kann, sondern auch im Hinblick auf ihr medienreflexives Herangehen erweist sie sich als Ansporn für die Literaten jener Zeit. Trotz der langen mediengeschichtlichen Diskussion über das Verhältnis der beiden genannten Künste, die sich bis zu Aristoteles zurückverfolgen lässt, bietet gerade diese innovative Zeit der Jahrhundertwende, die sich durch eine Dominanz des Visuellen auszeichnet und deshalb auch in der Forschung als «iconic turn» bezeichnet wird, neue und wichtige Aspekte. Anhand von Literaten wie Rainer Maria Rilke, Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil, die die Reflexion und Anwendung von visuellen Strukturen in ihren Werken geradezu auf die Spitze treiben, sollen Antworten gefunden werden, inwieweit in ihren Werken «sprachliche Bilder» generiert werden. Dabei soll vor allem der rhetorischen Figur der Analogie nachgegangen werden, die in ihrer doppelten Struktur von Simultanität und Differenz isomorph zum Bild gesehen werden kann. Die Figur der Analogie wird auf ihr Potential für alternative Möglichkeiten von Wahrnehmung und Sagbarkeit von Welt hin untersucht und als poetologische Reflexionsfigur für neue ästhetische Ansätze fruchtbar gemacht.